Liebe Leserinnen und Leser,
lassen Sie mich an dieser Stelle einmal eine Lanze für die Russen brechen. Ja, Sie lesen ganz richtig: Russen. Ich meine natürlich nicht Wladimir Putin und seine mörderischen Spießgesellen, die gerade die Ukraine mit einem menschenverachtenden Angriffskrieg überziehen. Oder die berüchtigten Oligarchen, die sich nach dem Ende der Sowjetunion dank ihres Drahtes zum Präsidenten schamlos bis ins Astronomische bereichern konnten. Ich meine die vielen russischstämmigen Menschen, die zum Teil seit Jahrzehnten bei uns - mit uns - leben; und die absolut nichts für das können, was da im Namen Russlands gerade passiert. Einfache, rechtschaffende Leute, die oftmals nicht weniger entsetzt über die Dinge sind, die wir alle seit Tagen in den Medien hören und sehen. Die aber gleichwohl immer häufiger heftigen Anfeindungen ausgesetzt sind - als hätten sie den Einmarsch in ein friedliches Nachbarland selbst befohlen. Sogar aus Schulen wurden schon einzelne Fälle von Beschimpfungen gemeldet. Zur Erinnerung: Das Prinzip der Sippenhaft gilt in Deutschland schon eine ganze Weile nicht mehr.
Umso erfreulicher und Mut machender ist da doch die nahezu allgegenwärtige Hilfsbereitschaft, wenn es um die Opfer des Krieges geht: mal ernst, mal kreativ, mal humorvoll. Und alles in Gelb und Blau. Bleibt nur zu hoffen, dass diese Leidenschaft nicht rasch wieder abkühlt, sobald spürbar wird, dass es mit ein paar Kleiderspenden auf Sicht nicht getan sein wird. Je länger dieser elende Krieg dauert, desto mehr zum Teil schwer traumatisierte Menschen werden zu uns kommen. Noch erleben die Reporterinnen und Reporter von KN-online und Segeberger Zeitung vor Ort ein überwältigendes Engagement, den unverschuldet in Not Geratenen beizustehen. Ich wünsche uns einen langen Atem. Wir werden ihn brauchen.